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Anaximandros, der
WaldkauzEine Eulengeschichte in Versen, Teil
1
Von
Burkhard Paul Warnke
In einem schönen alten Baum,
an einem See gelegen, da wohnt ein Kauz am Waldessaum, der Ort
kommt ihm gelegen. Die Tiere kennen diesen Kauz, sie halten ihn
für weise. Des nachts, da ist er nie zu Haus, da zieht er seine
Kreise. Er hat die Mäuse unter sich, die kleinen Tiere alle,
und das ist auch erforderlich, sogar im Zweifelsfalle. Der Kauz
schafft Ordnung in dem Wald, das wissen alle Tiere, war Leiter einer
Strafanstalt und König im Reviere. Er führte Aufsicht lange
Zeit, war Chef der Feuerwehren, pflegt heute die Gemütlichkeit,
hilft Unheil abzuwehren. Denn ist ein Tier im Walde krank, besucht
er es geschwinde, und mixt sogleich `nen Zaubertrank in einer hohlen
Linde. Er ist ein Arzt von hohem Rang, man sagt, er kann auch dichten,
kennt die Gebrechen, jeden Zwang, erzählt auch gern Geschichten.
Die jungen Tiere lieben ihn. Er hält auch Seminare und gibt
dem Leben wieder Sinn, bläst morgens die Fanfare. |
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Der Kauz ist mittlerweile hier
schon alt und grau geworden. ist sehr gemütlich, trinkt gern Bier,
trägt jetzt den Waldesorden. Man sagt, er sei ein Philosoph,
studiere die Geschichte, macht Damen immer noch den Hof. Früh
morgens liest er Fichte. Die Augen tun ihm manchmal weh. Das kommt vom
vielen Lesen. Dann schaut er über seinen See, als sei fast nichts
gewesen. Er weiss, die Augen sind nun schlecht, das macht ihm grosse
Sorgen, das heisst, sie sind nicht jagdgerecht, er muss `ne Brille
borgen. Ein Adler wohnt gleich nebenan, der führt die scharfen
Gläser, verkauft auch Brillen dann und wann und bastelt an `nem
Laser. Mit Brille sieht der Kauz recht gut, trägt eine nur zum
Lesen, die andre, weil er auf der Hut, benutzt er im Anwesen. Denn
wenn er seine Kreise zieht und kann nicht richtig sehen, so können
ihn Maulwürfe nicht, nicht mal `ne Maus verstehen. Wie steht ein
Kauz wie er denn da, wenn er nicht mehr kann jagen ? Die Tiere lachen
dann, ja, ja, und dann die vielen Fragen ! Mit Brille jagt der alte
Kauz, das wissen alle Tiere, - und das sieht wirklich komisch aus -
in seinem Jagdreviere. |
Der Kauz reicht jetzt die Rente
ein, er mag nun nicht mehr jagen. Er lässt die Albernheiten sein,
kann Spott nur schlecht ertragen. Nun ist er immer noch bereit,
manch` Gäste zu begrüssen, nimmt sich im Alter viel mehr
Zeit. Der Wald liegt ihm zu Füssen. Und manchmal hat er `ne
Vision, da sieht er bunte Sterne. Doch sagt man: "Ja, das kommt davon,
er mag den Wein so gerne." Wie oft hat er die Hucke voll, hat einen
in der Krone. Die Tiere munkeln, er wär toll und gar nicht mal so
ohne. Nun ja, was Nachbarn so erzähln, das ist nicht immer
richtig. Der Kauz, der lässt die Winde wehn und nimmt sich selbst
nicht wichtig. Er hebt das Glas, prostet uns zu, und wünscht uns
alles Schöne. Er sagt: "Gesund sei nur die Ruh, an die man sich
gewöhne. |
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© Copyright: Burkhard Paul
Warnke, dem ich herzlich für die Zusendung dieser Geschichte in
Versen danke !
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