Die Zwei nahmen die Route über den Tasmansee hinüber
noch Australien. Aber auch dort hatten die Kuckuckskauze, Erd- und Buscheulen
in den Eukalyptuswäldern keine Neuigkeiten Also überquerten die
ungleichen Flieger den Timorsee und versuchten anderswo ihr Glück. An der
Küste von Sumatra trennten sie sich. Ninox flatterte über
Vulkangebirge, heiße Quellen und dichten Dschungel landeinwärts.
Irgendwo dort, in einem blauen Licht aus strahlendem Himmel und glasklarem
Wasser, traf er den Fischuhu Ferrus bei der Jagd.
Die kleine Eule
landete unsanft, weil erschöpft, dicht neben ihm auf einem morschen
Baumstumpf und japste noch Luft. "Hey! Mach' nicht so einen heißen Wind,
du gerupfter Federball, Du verscheuchst mir ja mein Abendmahl" schnauzte ihn
der Fischuhu an. "Ich versteh' nichts vorn Fischen", entschuldigte sich Ninox
kleinlaut bei dem Gevatter. "Das merkt man", blubberte Ferrus, was nur noch wie
ein schwaches Echo seines flüchtigen Ärgers klang. "Was
verschlägt dich dann in diese Gegend?" wollte Ferrus jetzt wissen. "Kennst
du die Legende von Novatrix?" flüsterte Ninox. "Oh, gewiss! Jede Eule auf
der Welt kennt sie", dozierte der Uhu. Daraufhin fragte Ninox, was er auf
seinem weiten Weg bei jeder Eulensippe erkundet hatte: "Dann kannst du mir
vielleicht sagen, ob die Zeichen der Zeit gut stehen für die Rückkehr
des allerletzten Korns der Weisheit?"
Ferrus trat erregt von einem Bein
aufs andere. Seine Federohren sträubten sich wie vibrierende Fächer:
"Um Himmels willen! Die Menschen wandern wieder. In so einer bewegten Zeit geht
viel verloren." Die kleine Buscheule sah in die Weite des blauen Landes und
fand: "Es ist doch wunderschön hier, wieso wandern die Menschen fort?" Der
Fischuhu antwortete tonlos: "Sie gehen nach Brot, hier gibt es zu wenig davon
Aber brauchen sie nicht Weisheit für ihren Weg?" überlegte Ninox
hörbar. "Weißt du, kleiner Bruder", erklärte Ferrus, "sie
ziehen ratlos und mit gekappten Wurzeln in eine ungewisse Zeit. Das
Weisheitskorn aber benötigt inneren Frieden und Ruhe, um zu
gedeihen."
Ninox ließ die Flügel hängen und seufzte:
"Aber irgendwo muss doch die rechte Zeit wohnen." Der Fischuhu schaute lange
sinnierend dem sachten Lauf der Wellen noch, die hinüber in einen
Mangrovenwald schwappten. Dann räusperte er sich: "Vielleicht an einem
stillen Ort, in einem wachen Herzen." Ferrus sah zu Ninox. Dem Winzling perlte
die Müdigkeit aus jeder Feder. "Ach, kleiner Held" sprach nun der Uhu. "Du
trägst schwer an deiner Mission. Aber die könnte keine Eule, nicht
einmal die größte und stärkste, allein bewältigen.
Bedenke: alle in der großen Eulenfamilie sind Hüterinnen der
Weisheit. Du bist die Eule, die aufgebrochen ist. Lass mich die Mission
übernehmen, soweit mich meine Flügel tragen. Und sei unbesorgt, sie
wird zu einem guten Ende gebracht."
Über dem Gespräch der
Eulen hing inzwischen eine silbrige Nacht mit betörenden Düften,
Frösche quakten, und der Fischuhu wurde wieder zum Jäger, bis er sich
satt und stark genug fühlte. Sodann erhob sich Ferrus, um entlang der
Ozeanküste die große Suche der Eulen fortzusetzen ... |