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Erstes EUR-OWL-MEETING in
BelgienOder:
Von der Bedenklichkeit eines
krankhaft erhöhten Eulenspiegels
Von Annette
Schaaf
Der folgende Artikel
erschien1993 anlässlich eines Treffens von Eulen-Sammlern und
Sammlerinnen in Kauzbrief 2 (3): 12-13. Er hat an Aktualität nicht
verloren. Ich danke Annette Schaaf herzlich für die Freigabe zur
Veröffentlichung in der Eulenwelt.
Immer wieder erfahren wir aus den Medien, wie schlecht es um die
Gesundheit der Menschen in den Industriestaaten bestellt ist.
Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus, erhöhte Cholesterinwerte,
Allergien, Herz- und Kreislauferkrankungen greifen mehr und mehr um sich.
Hierzu gesellt sich in jüngster Zeit eine immer stärker auswuchernde
Krankheit, ausgelöst durch einen stark erhöhten "Eulenspiegel": die
chronische Hypereulophilie.
Beim Besuch des ersten Eur-Owl-Meetings
(Europäisches Eulensammlertreffen) wurde mir klar, dass diese Krankheit
bereits in bedenklichem Maße verbreitet ist. So hatte ich die
Gelegenheit, Betroffene aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden
kennenzulernen. Mir fiel dabei auf, dass die Kranken die auftretenden Symptome
total ignorieren bzw. diese als "Sammelleidenschaft" auslegen, die es ihnen
ermöglicht, Tag und Nacht über Eulen und Käuze - und auch
über Kauziges - zu philosophieren.
Eines der beobachteten
Symptome zeigte sich als Beklemmung im Bronchialbereich. So wurde ich Zeugin
eines Anfalls von Atemnot bei einer an chronischer Hypereulophilie Erkrankten,
als eine andere pathologisch auffällige Person die Systematik ihrer
"Eulensammlung" erklärte. Sehr vereinfacht beschrieben drückt sich
diese Systematik durch das Anlegen von Ordnern und Listen aus, welche sich
jeweils einem ganz speziellen "Eulenthema" widmen. "Die Eule auf
Weihnachtskarten", "Eulen Ex Libris", "Eulendarstellungen auf Briefmarken",
"Die Eule als Hotel- und Restaurant-Logo", "Orte mit dem Namensbestandteil
'Eule', 'Kauz' oder 'Uhu' " sind einige Archivierungsgesichtspunkte der endlos
erscheinenden Sammlung. Inzwischen tauchte sie auf, diese spürbare Enge im
Bronchialbereich, und zwar just in dem Moment, als die o.g. betroffene Person
sich darüber bewusst wurde, daß ein Sammler nicht einfach sammelt,
aufhängt und aufstellt, nein: er muß katalogisieren, numerieren und
archivieren. "Ich muß meine Sammlung in Ordnung bringen!"
Weitere
Beobachtungen zeigten, dass es zwischen den Sammlern kaum Sprachbarrieren gab.
Sie verstehen sich scheinbar ohne Worte. Zahlreich waren dagegen
Lautäußerungen wie "Ah", "Oh", "Uih", "Oho", "Uhu".
Das
gesamte Syndrom zu charakterisieren, scheint noch zu verfrüht. Nicht
unerwähnt soll jedoch ein symptomatisches Verhalten bleiben, das ein
weiterer Eulophilist beschrieb: Er beobachtete im Laufe der Jahre an sich
häufig einen neuen "Aktivitätsschub", immer dann, wenn er einen
weiteren Aspekt des "Eulensammelns" entdeckt hatte. So berichtete er zwar von
anfangs ablehnenden Verhaltensweisen (wie den raschen Blick in die
Geldbörse) über das Sammeln von Eulenfiguren hinaus, auch
Fotografien, Briefmarken, Medaillen mit Eulendarstellungen in seine Sammlung
aufzunehmen. Zwischenzeitlich scheint sich jedoch in seiner Anamnese die
Inkubationszeit zwischen dem ersten Kontakt von Exemplaren eines potentiell
neuen Sammelaspektes (Eulen auf Werbeetiketten, auf Trinkgefäßen,
auf Bierdeckeln, auf Einkaufstüten .... ) und dem zwanghaften Suchen nach
möglichst allen (!) erreichbaren Stücken deutlich zu
verkürzen.
Erste Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass der
erhöhte Eulenspiegel virös (Strigiformavirus?) verursacht ist, was
auch das sprunghafte Ansteigen des Eulenspiegels einhergehend mit den manischen
Gemütsveränderungen erklären würde.
Ein Aufenthalt
in Brüssel sollte mir etwas kulturelle Abwechslung bringen (nichts gegen
"Eulenkultur"), was nicht gelang, da sämtliche Aktivitäten in einer
"Eulens(e)uche" ausarteten. Und die Patienten werden stets fündig; warum
also sollten sie aufhören zu sammeln?! Eine Eule auf einem Pin -
eingerahmt von den Sternen der Europäischen Gemeinschaft; müsste es
nicht "EEG" für"Europäische Eulengemeinschaft"heißen?
Brüsseler Spitze in Eulenform, trägt das die Dame und der Herr von
morgen? Eulen auf Fingerhüten oder Tabaksdosen, als Anstecknadeln. Dann
noch: Eulen an Hausfassaden. Nur ein Foto schießen? Sollten wir uns nicht
nach dem Besitzer des abbruchreifen Gebäudes erkundigen, dem man/frau eine
oder mehrere der in Eisen gegossenen Eulen abkaufen könnte?! Es ist zum
"H-eulen"! Zum Abschluss des Treffens beschrieb ein "Beteuligter" sein
Gefühl des Prickelns im Unterhautgewebe, welches ihn fest daran glauben
ließ, dass ihm bald Federn wachsen würden. Für mich ein
deutliches Signal, diesem Symposium "euligst" den Rücken zu kehren und
mich wieder unter "normale" Menschen zu begeben, bevor Strigiforrnaviren auch
mich befallen und keine Rehabilitation mehr möglich sein wird. Die EEG,
pardon die EG, sollte zum Schutz der noch nicht an Hypereulophilie Erkrankten
die Einführung einer Meldepflicht dieser Krankheit prüfen.
© Copyright: Annette Schaaf/Arbeitsgemeinschaft Eulenschutz im
Landkreis Ludwigsburg, Neckarweihinger Straße 30, D-71640 Ludwigsburg
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